OPEN SPACE 8: KERSTIN FLAKE, CAROLINE HAKE | Sun Salt

Eröffnung: Freitag, 10. Juni 2011, 19.00 Uhr
Ausstellung: 11. Juni bis 9. Juli 2011
 
In der Ausstellung Sun Salt untersuchen Caroline Hake und Kerstin Flake von zwei konträr zueinander liegenden Kontexten aus das Verhältnis zwischen Dokumentation und Inszenierung in der Fotografie: Auf der einen Seite die internationale Fachmesse als zukunftsorientierter Warenumschlagplatz und Ort marktwirtschaftlicher Inszenierung, an dem neu entwickelte Produkte an den Anforderungen des Marktes wie Nachfrage und Angebot, Wettbewerbsfähigkeit, Attraktivität und Exklusivität gemessen werden. Auf der anderen Seite leer stehende Häuser, vom Wohnungsmarkt abgesondert und durch ihren zeitlich-räumlichen Stillstand zu Kulissen geworden. Sie bilden ein Reservoir des Imaginären: Erinnerungen und zu Ende gelebte Geschichten haben wenige sichtbare Spuren hinterlassen, eröffnen allerdings gleichzeitig Spielräume für neue Inszenierungen. 

Für beide Künstlerinnen bildet die reale Vorlage in erster Linie ein visuelles Potenzial, das verschieden ausgeschöpft wird: Hake steigert in Delight – unter dem Anschein der Dokumentation – die inszenierte Präsentation von Waren wie Kabel, Telefonhüllen oder Abdeckhauben bis zu dem Punkt, an dem sich der Gegenstand von seiner Funktion zu lösen beginnt und stattdessen die Strategie des Displays sichtbar wird. Flake nutzt dagegen in ihren Fake Spaces die Stille und Unbewegtheit in ostdeutschen Abrisshäusern, um dort einen ebenso narrativen wie irritierenden Moment zu schaffen. Die Protagonisten in Flakes analog montierten Raumbildern entstammen den vorgefundenen Kontexten – Glühbirne, Plastik-Wellensittich oder Leiter – und bekommen temporär eine neue Rolle zugewiesen. Mit ihrer Hilfe fixiert sie den Moment des »Dazwischen« als vermeintlichen Schnappschuss, und führt damit in unbelebte Räume wieder ein Davor und Danach ein: Die Glühbirne segelt durch die zerbrochene Glastür, ein Regenschirmskelett schwebt als Metallkrake durchs Zimmer. 

Beide Fotografinnen heben durch präzise Inszenierung die Eindeutigkeit einer Szenerie auf und stellen einen rätselhaften Grad an Wirklichkeit her. Mit dem Vorgefundenen verknüpfen sie eine neue Qualität: Von ihren Funktionszusammenhängen herausgelöst, werden die sonst nebensächlichen Alltagsprodukte und -objekte zu eigenständig funktionierenden Bildmotiven. Man könnte daher die Bildkonstruktionen beider Künstlerinnen auch als Kommentare zu gesellschaftlicher Wertzuschreibung sehen und als Begriffsverschiebung: Sie dokumentieren Realität, doch als Möglichkeit, durch Inszenierung. 

Bettina Reichmuth
 
Kerstin Flake | Fake Spaces 19 | 2009 | C-Print | 50x70 cm; Fake Spaces 03 | 2006 | C-Print | 138x99 cm
Caroline Hake | aus: Delight | 2009 | C-Prints | 42x26,5 cm

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